Das Gleichnis vom Weltgericht
“Was Ihr für einen meiner Brüder getan habt, das habt Ihr mir getan…”
…Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben.
Aus Matthäus-Evangelium; Kapitel 25, Verse 31-46
“Placidus war einer der Musterschüler Groers in all den Jahren. Nie lehnte er sich gegen Pater Hermann auf. Selbst dieser erkannte aber nach einigen Jahren, in welcher Gefahr der junge Mönch schwebte. Ein Mitbruder erinnert sich an einen Satz Groers, wonach Placidus nicht länger im Haus St. Josef bleiben dürfe, da er sich sonst vom Kirchturm stürzen würde. So übersiedelte der Frater in seinem letzten Lebensjahr nach Göttweig. Inzwischen befand er sich in psychiatrischer Behandlung. Wenige Tage vor seinem Selbstmord kündigte er bei einem Mittagessen zwei Mitbrüdern seinen Tod an. Die beiden informierten sofort den Abt. Dieser, so erzählt einer der Mönche, war erschüttert, aber überfordert. Bei Placidus hätte sofort eine Zwangseinweisung erfolgen müssen, wie ich inzwischen weiß.”
aus: Der Standard, 13.1.1998